Baugeschichte und Baukultur
Eintrag Denkmalliste: Goldgasse 28, Ehemalige Synagoge, klassizistischer Bau, 1819, erneuert 1905.
1869/1905/1934 Renovierungen, bauliche Maßnahmen
1938 Profanation der Synagoge. Verkauf an den Nachbarn Willi Popp, Sattlerei und Bettfedernreinigung
1954 Umbau zum Wohn- und Geschäftshaus durch Willi Popp, Wanddurchbruche, Zumauerungen, 2 Zwischendecken. Abbau der ursprünglichen Einrichtung und Ausstattung
1971 Abriss des eingeschossigen Nachbargebäudes, Neuerrichtung eines zweigeschossigen Wohnhauses durch Hans Stark. Zumauerung der südseitigen Fenster der Synagoge
1979 Verkauf von Synagoge und Nachbarwohnhaus an Fa. Fella, Kaufhaus und Bodenleger. Nutzung der Synagoge als Materiallager
1994 Ankauf der Synagoge durch die Stadt Arnstein. Mit dem Ziel der Restaurierung im Rahmen der Altstadtsanierung: die Stadt Arnstein wurde1986 ins Städtebau-Forderungsprogramm aufgenommen
Tonnengewölbe
Besondere Merkmale:
Ungewöhnlich hoher, quasi 3-geschossiger Innenraum mit Tonnengewölbe.
Zwei übereinanderliegende Frauenemporen an der Westseite.
Komplette Ausmalung des Betsaales. An der Ostseite im Bereich Tonnengewölbe zwei Löwen, die das deutsche bzw. bayerische Wappen halten: Hinweis auf eine ausgeprägte Assimilationsbereitschaft der Jüdischen Gemeinde von Arnstein nach der Juden – Emanzipation von 1861.
Sanierung und Restaurierung
Wegen des großen Umfanges und für einen sicheren Ablauf wurde das Vorhaben in zwei Bauabschnitte eingeteilt:
Bauabschnitt 1:
Außengerüst und Schutzdach
Sanierung und Ertüchtigung des Dachtragwerkes
Erneuerung der Dachhaut, Dachentwässerung
Einbau von Mauerankern
Naturwerksteinarbeiten außen
Fundament Außentreppe, Fundamentabdichtung außen
Im Bereich DG
Schuttentsorgung, Bekämpfung der Taubenmilben
Entfernen von Ausmauerungen, Schließen von Wanddurchbrüchen, Kaminabbruch
Reparatur des Tonnengewölbes
Kirchenmalerische Sicherung der Farbfassung
Im Bereich EG
Schließen von Wanddurchbrüchen, Bodenplatte, Fundamentabdichtung innen.
Erneuerung und Ergänzung der Hausanschlusse und Haustechnik
Bauabschnitt 2:
Ausbau Geschoßdecken und Trennwände, Innengerüst
Entfernen von Ausmauerungen, Schließen von Wanddurchbrüchen
Mauerwerksergänzungen, Sicherung der Abbruchmaterialien aus Almemor und Thoraschrein
Wiederherstellung der Emporen und Ergänzung der Treppe
Einbau von Fenstern, Türen und Außenvitrinen
Wiederherstellung der Raumschale, Rekonstruktion der Farbfassung von 1859 bzw. 1905
Elektro-, Heizung-, Sanitärinstallation
Fußboden, Einbauten, Ausstattung
Einrüstung der Fassaden, Außenrenovierung
Außentreppe, Wiederherstellung des Umgriffes
Für die vollständige Rekonstruktion der Farbfassung sind nach Ausbau der Geschoßdeckenzusätzliche Befunduntersuchungen erforderlich.
Beabsichtigt ist, den Thoraschrein in seiner ursprünglichen Form wiederherzustellen, um hier und in zusätzlichen Vitrinen an der Ostwand die Geschichte der Jüdischen Gemeinden von Arnstein und Thüngen zu dokumentieren.
Die Rekonstruktion des Thoraschreines sollte durch die Sicherung und Auswertung der Abbruch-Materialien aus eben diesem möglich werden. Der Standort des Almemor wird durch entsprechende Differenzierung im Bodenbelag dargestellt und dokumentiert.
Baubeschreibung und Zustand vor Baubeginn
Der Umbau zum Wohn- und Geschäftshaus, der fehlende Bauunterhalt und schließlich jahrelanger Leerstand haben das äußere Erscheinungsbild der Alten Synagoge Arnstein stark beeinträchtigt.
Erst die von der Stadt Arnstein durchgeführten Sicherungsmaßnahmen konnten den weiteren Verfall beenden. Die Gebäudehülle wurde abgedichtet, im lnneren wurde Schutt geräumt und entrümpelt, die einsturzgefährdete Balkendecke über EG wurde abgestützt.
Hier hatte der Vorbesitzer, beispielhaft für den Umgang mit der Bausubstanz, die 1954 im Betsaal mittig eingebaute Tragwand großteils abgebrochen, um durchgängige Lagerflächen zu erreichen. Die Tragwand war seinerzeit aus den Quadern des abgebrochenen Almemor errichtet worden. Mit solchen Quadern und auch Bruchstücken des ehem. Thoraschreines ist die Thoranische zugemauert.
Die Einbauten von 1954, denen auch die beiden Frauenemporen geopfert wurden, sind im 1. OG noch vollständig vorhanden. Im DG fallen die Schäden am Tonnengewölbe ins Auge. Hier wurde die verputzte Lattenkonstruktion für Heizkamin, Beleuchtung und Abfangungen des lädierten Dachtragwerkes ohne Rücksicht auf Substanzverluste vielfach durchgebrochen. Allerdings ist hier die Ausmalung von 1869 bzw. 1905 vollständig erhalten.
Die ursprüngliche Dachdeckung mit Biberschwanz-Ziegeln ist durch Eternit-Wellplatten ersetzt.
Ungeachtet des derzeit desolaten Gesamteindruckes lässt sich, wenn auch mit erheblichem Aufwand, die ursprüngliche Gestalt vollständig wiederherstellen.
Hier eine Videodokumentation des Zustandes der Alten Synagoge Arnstein vor Beginn der Restaurationsmaßnahmen. Erklärt und vorgetragen duch Altbügermeister Roland Metz.